Das größte Fotomotiv, das ich je hatte!

Es ist mit einem Durchmesser von geschätzten 105.700 Lichtjahren das bei Weitem größte Fotomotiv, das wir fotografieren können. Aber in unserer Welt ist es fast nicht mehr sichtbar. Als Kind hat mein Vater es mir am Abend gezeigt und erklärt, wenn wir im Sommer am Ostseestrand gecampt haben. Selbst mitten in Hamburg konnte ich es bei sternenklarer Nacht in unserem Schrebergarten noch bewundern. Aber jetzt gibt es nur noch wenige Orte in Deutschland, wo man die Milchstraße bei geeignetem Wetter zuverlässig sehen und fotografieren kann, zum Beispiel in einem „Dark Sky Park“.

Wie ein Dark Sky Park, die Sahara
Milchstraße über der Sahara
Nikon D750 mit QD-Nikkor 15/5,6 – Bl. 5,6, 15 sek., 5.000 ISO, 13. Okt. 2015, 21:25 Uhr

Aber nicht nur die Milchstraße, auch zahllose Sterne, Kometen, Sternschnuppen und Meteoriten sind am Himmel in Deutschland weitgehend verschwunden. Das gilt besonders für größere Städte und die Regionen rundherum. Aber nicht nur in Großstädten, auch in vielen ländlichen Regionen ist die Lichtverschmutzung so groß geworden, dass man keine dunklen, pechschwarzen Nächte mit unendlich vielen funkelnden Himmelsobjekten mehr erleben kann.

Unvergessliches Erlebnis

Wer es aber einmal erlebt hat, wird es nie wieder vergessen, denn es relativiert ein wenig unsere bescheidene Existenz auf dieser Erde und ist gleichzeitig ein ergreifendes Lichterspektakel am nächtlichen Himmel. Das letzte Mal hatte ich dieses Erlebnis vor einigen Jahren in der marokkanischen Sahara, weit ab von jeder größeren Ortschaft. Ich habe mich einfach auf die Dachterrasse des Hoteldaches gelegt und nach oben geschaut. Es war unfassbar – das war es übrigens auch für meine damalige Digitalkamera, die Bildbearbeitung in Lightroom verzweifelte vermutlich an dem Versuch, Sterne vom Bildrauschen des Sensors zu unterscheiden.

Dark Sky Park

Aber man muss nicht gleich in die Sahara reisen, um einen von zivilisatorischer Lichtverschmutzung verschonten Nachthimmel bewundern und fotografieren zu können. Die Organisation „International Dark Sky Association“ hat sich zum Ziel gesetzt, die Lichtverschmutzung weltweit zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, vergibt sie Regionen, die sich dem Kampf gegen den Lichtsmog erfolgreich anschließen, den Titel „Dark Sky Park“. In Deutschland gibt es neun Stück davon. Manche Regionen haben diese Auszeichnung neben dem Wert für Flora und Fauna auch als touristischen Anreiz gesehen. In Regionen, die als „Dark Sky Park“ anerkannt worden sind, verpflichten sich die umliegenden Gemeinden dazu, die nächtliche Beleuchtung zu reduzieren, die Abstrahlung Richtung Himmel einzuschränken und den Blauanteil des Lichtes abzusenken. Ausserdem bieten sie Veranstaltungen zum Thema Lichtverschmutzung, astronomische Führungen usw. an. Selbst Karten zu geeigneten Beobachtungs- und natürlich Fotostandpunkten stehen zur Verfügung. Für alle, die gerne den Sternenhimmel fotografieren wollen, sind das optimale Bedingungen.

Milchstraße über dem Schwarzwald
Nikon D750 mit Irix 11/4,0 – Bl. 4,0, 30 sek. , 3.200 ISO, 11. Aug. 2021, 23:55 Uhr

Neun „Dark Sky Park“ in Deutschland schützen die Nacht

Diese neun Regionen dürfen sich in Deutschland als Retter der Nacht „Dark Sky Park“ nennen, gewissermaßen die letzten Orte der Finsternis:

  • Der Westhavelland-Naturpark, ca. 2 Std. westlich von Berlin gelegen, ist Brandenburgs „Dark Sky Park“ mit einer Größe von 750 qkm. Neben vielen Veranstaltungen rund um den Park findet dort die Westhavelländer Astrotreff Sternenparty statt.
  • Das „Sternendorf“ Eiweiler als einer der dunkelsten Orte Deutschlands in der Gemeinde Nohfelden im Saarland ist Teil des Projektes „St. Wendeler Sternengarten“ und verdankt seine Situation dem Observatorium, das Amateur-Astronomen auf dem Petersberg betreiben.
  • Der „Nationalpark Eifel“ 65 km südwestlich von Köln ist eine besondere Herausforderung, denn nicht nur Köln, sondern auch Aachen und Bonn als große Städte und Lichtquellen sind nicht weit entfernt. Dennoch ist der Nationalpark eine Oase des nächtlichen Himmels inmitten urbaner Zentren.
  • Das „Rhön Dark Sky Reservat“ besteht aus drei nicht zusammenhängenden Gebieten,, der Region „Hohe Geba“ im Nordosten, der Region „Lange Rhön“ im Zentrum und der Region „Schwarze Berge“ im Süden.
  • Die „Sternenstadt“ Fulda wurde, inspiriert durch das „Rhön Dark Sky Reservat“, ebenfalls als „Dark Sky Park“ ausgezeichnet und profitiert von den Synergien mit dem nahegelegenen „Rhön Dark Sky Reservat“.
  • Die Winklmoosalm bei Reit im Winkl in den Chiemgauer Alpen zählt zu den schönsten Almgebieten der Bayrischen Alpen und ist der erste Sternenpark in den Alpen.
  • Der Naturpark Bayrischer Wald ist als „Bayrische Wald-Sternenpark“ der jüngste Sternenpark in Deutschland.
  • Die „Sterneninsel“ Pelworm in Nordfriesland liegt im „Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer“ und zählt zu den dunkelsten Orten Europas an 13. Stelle*, was auf Grund ihrer Größe und Lage der Insel naheliegend ist.
  • Die autofreie „Sterneninsel“ Spiekeroog liegt in Ostfriesland und zählt ebenfalls zu den dunkelsten Orten Deutschlands.
  • Gülte in Brandenburg ist ein weiterer der dunkelsten Orte in Deutschland

Ab Mitte Juli bis Ende August kann man in all diesen Gegenden den Perseidenschauer, eine Reihe von Sternschnuppen nicht nur beobachten, sondern auch besonders gut fotografieren.

* „Light pollution in USA and Europe: The good, the bad and the ugly“ (Falchi et al, 2019)

Hilfreiche Apps

Es gibt einige Apps, die bei der Fotografie in der Nacht, der Goldenen Stunde oder der Blauen Stunde, aber auch am Tag sehr hilfreich sein können.

Am bekanntesten, aber nicht nur nach meiner Meinung auch die am schwierigsten zu benutzende Apps ist sicherlich die App „PhotoPills“. Damit kann man errechnen, wann Mond, Sonne und Gestirne an eine bestimmten Stelle am Himmel sind und welche Position und Brennweite ein Fotograf nutzen sollte, um ein bestimmtes Bild zu machen, wie zum Beispiel den Vollmond im Arc de Triumphe.

Um Mond- und Sonnenstand angezeigt zu bekommen, gibt es eine ganze Reihe von Apps für das Smartphone, darunter „SO light“, „SunSeeker“ oder „LunaSolCal“. Wer dagegen wissen möchte, welches Sternbild are gerade entdeckt hat, oder was ihn am Nachthimmel besonders anfunkelt, der könnte zu „Sterne 3D+“ greifen. Diese App zeigt eine Vielzahl von Himmelsobjekten auf einer interaktiven Himmelskarte an, die sich automatisch an die Ausrichtung von Tablet oder Smartphone auf den Himmel anpasst.

Screenshot von „Sterne 3D+“ auf dem iPad

Für alle, denen der Weg zum nächsten „Dark Sky Park“ zu weit ist, hilft die App „Light Pollution Map“ vielleicht weiter. Sie zeigt auf einer Landkarte weltweit den Grad der Lichtverschmutzung an und ebenso Regionen, die besonders dunkel sind. Mein Tipp: Grönland ist fast überall vollständig dunkel, ebenso die Sahara, große Teile Kanadas oder Russlands.

Screenshot von „Light Pollution Map“ auf dem iPad

Und noch etwas: Die recht neuen Funktionen zur KI-Rauschreduzierung in Lightroom und Photoshop bewirken auch bei der Astrofotografie Wunder und können in dem Pixelgewirr zwischen Bildrauschen und Sternen etc. unterscheiden. Auch das vereinfacht die Nacht- und Astrofotografie auf komfortable Weise.

Damit es bei den benötigten langen Belichtungszeiten keine unscharfen und verwackelten Bilder gibt, ist ein stabiles Stativ unbedingt nötig. Mehr dazu in meinem „www.stativlexikon.de“.

Mehr Bilder aus dem Schwarzwald gibt es in meiner Galerie Schwarzwald.
Mehr Bilder aus Marokko gibt es in meinen Galerien Marrakesch, Marokkos Süden, und Essaouira.

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